Der Telomer-Effekt – Jungbrunnen für Körper und Seele

  • Bis ins hohe Alter geistig und körperlich vital zu bleiben, das wünschen sich die meisten Menschen. Tatsächlich können wir selbst viel dazu beitragen, dass dieser Wunsch wahr wird. Ein Schlüssel sind die Telomere, die Schutzkappen unserer Chromosomen im Kern jeder Körperzelle.

Die Suche nach der ewigen Jugend führt zu den Inseln in der Mitte unserer Körperzellen, in den Zellkern. Telomere und Telomerase heißen die Zauberworte und für die Entdeckung bekam Prof. Dr. Elizabeth Blackburn den Medizin-Nobelpreis. Die Forscherin hat nachgewiesen, dass die Länge der Telomere die Maßeinheit für unser tatsächliches biologisches Alter im Gegensatz zu unserem chronologischen Alter ist. Denn sie entscheidet darüber, wie schnell oder langsam unsere Zellen altern und somit auch wir selbst.  E. Blackburn hat auch herausgefunden, dass wir es selbst in der Hand haben, ob diese Kappen ihre Schutzfunktion erfüllen und für eine Langlebigkeit der Zellen sorgen. Durch eine ausgewogene Ernährung, moderate Bewegung – und vor allem durch eine gesunde Einstellung sich selbst und seinem Leben gegenüber. Die Nobelpreisträgerin gibt praktische Tipps, die jeder im Alltag umsetzen kann, um seine Zellen positiv zu beeinflussen.

Der Körper eines Erwachsenen besteht aus etwa 100 Billionen Zellen. Jede hat einen Kern, in dem das Erbgut verwahrt wird, die DNS, unser in Genen codierter Bauplan.

Dieser verteilt sich auf jeweils 46 Chromosomen. Jedes Chromosom endet mit einem Abschnitt, die sogenannten Telomere. Bei jeder Zellteilung, die der Regeneration des Körpers dient, tragen sie dazu bei, dass die DNS heil bleibt.

Elisabeth Blackburn vergleicht die Telomere mit den Plastikröhrchen am Ende von Schnürsenkeln: Gehen diese Schutzkappen irgendwann kaputt, fransen die Schnürsenkel aus und sind nicht mehr zu gebrauchen.

Je älter wir werden, desto anfälliger kann dieser Verjüngungsprozess jedoch werden – weil sich die Telomere mit jeder Zellteilung verkürzen. Neugeborene haben noch sehr lange Telomere. Sind sie eines Tages aufgebraucht bzw. zu kurz, kann sich die Zelle nicht mehr teilen – trägt so passiv, aber auch aktiv dazu bei, dass wir altern. Denn nun setzt sie Substanzen frei, die Entzündungen begünstigen.

Wenn die Entzündungen chronisch werden, das Immunsystem wird schwächer, Alterskrankheiten von Lunge, Herz und Kreislauf, aber auch Diabetes, krebs und Alzheimer haben leichteres Spiel. Die Entzündungen führen dazu, dass sich noch intakte Telomere verkürzen – was den Alterungsprozess beschleunigt.

Aber! Die Wissenschaftlerin entdeckte, dass wir über einen internen Reparaturservice verfügen: Das Enzym Telomerase kann verkürzte Telomere wieder verlängern, indem es neue Abschnitte regelrecht anstrickt und es der Zelle dadurch ermöglicht, sich länger zu erneuern.

Es hängt vor allem von unserem Lebensstil ab, wie intakt unsere Telomere schon von sich aus sind und wie reibungslos die Telomerase zum Einsatz kommen kann. Stress, ungesunder Lebensstil mit hohem Fleischkonsum, Fertigprodukten, zu viel Zucker, rauchen, übermäßigem Trinken von Alkohol und mangelnder Bewegung sowie chronische Entzündungen im Körper beschleunigen den Zellverlust. Psychische Belastungen, Einsamkeit, das Gefühl nicht geliebt zu werden, in der Kindheit erlittene und unverarbeitete Traumata, negative Denkmuster wie Zynismus und sogar Grübeln.

Doch nicht nur, was wir tun, ist entscheidend, auch was wir denken und wie wir uns fühlen. Denn wie sagt Elizabeth Blackburn: „Ihre Zellen lauschen Ihre Gedanken!“ Damit ist wissenschaftlich einmal mehr bestätigt, dass Geist, Seele und Körper eine Einheit sind und unsere Gedanken einen großen Einfluss auf unseren Körper und unser Wohlbefinden haben.

Weiterführende Studien haben zudem gezeigt, dass Meditation die Aktivität der Telomerase verbessert. Diese Fähigkeit, sich auf das gegenwärtige Erleben zu konzentrieren, hat sehr positive Auswirkungen auf die Zellen in unserem Körper.

Untersuchungen ergaben, dass schon der besuch eines einzigen Meditationskurses die Aktivität der Telomerase verbessert. Wer regelmäßig meditiert, nährt damit buchstäblich das Enzym – und bleibt länger jung.

 

Die Gene der Eltern bestimmen die Gene der Kinder und damit die Länge ihrer Telomere und letztlich ihre Chancen darauf, lang und gesund zu leben. Zukünftige Eltern können viel dafür tun, die Schutzkappen ihrer Chromosomen in einen bestmöglichen Zustand zu versetzen – den sie dann weitergeben. Auf der Liste ganz oben stehen innere Ausgeglichenheit (besonders in der Schwangerschaft) und das Vermeiden von Stress. Waldspaziergänge entspannen und vitalisieren.

Nach der Geburt, so hat eine Studie gezeigt, haben Babys längere Telomere, wenn sie in den ersten Monaten nur gestillt worden sind.

Emotionale Vernachlässigung, Gewalterfahrungen und andere Traumata oder ständiger Streit mit dem Partner schaden nicht nur den eigene Telomeren, sondern auch denen der Kinder: „Telomere sind ein Archiv der narben unserer Kindheit“ – so E. Blackburn. Traumatische Kindheitserfahrungen können lebenslange biologische Spuren hinterlassen. Die Telomere lauschen und reagieren. Aber eben auch darauf, wenn wir uns ändern und uns selbst, unseren Kindern und jedem anderen Menschen voller Mitgefühl und Achtsamkeit begegnen.

 

Quelle: Natur & Heilen Magazin 2019

 

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